Gekeimtes Getreide ist derzeit in aller Munde. Egal ob Pasta, Reis, Mehl oder als Getränk: Man sieht und hört überall davon. Doch was steckt hinter diesem Trend und was passiert eigentlich beim Keimvorgang in so einem Getreidekorn? Wir haben uns das Ganze genauer angeschaut und wer weiß, vielleicht findet ihr solche Produkte ja bald auch bei uns im Angebot? In diesem Artikel geht es hauptsächlich um die Keimung von Getreide. Hülsenfrüchte wie Bohnen und Linsen können nämlich auch gekeimt werden. Doch dazu ein anderes mal.
Wenn man sich ein Getreidekorn mal etwas genauer anschaut, erkennt man, dass es in unterschiedliche Bereiche aufgeteilt ist. Die drei großen Bestandteile sind: Der Mehlkörper, der Keimling und die verschiedenen Schalenschichten. In einem getrockneten Getreidekorn ist die Stoffwechselaktivität fast bei Null. In der Natur hat dies den Vorteil, dass das Getreidekorn an die Jahreszeiten angepasst auf die optimalen Bedingungen warten kann, um erneut eine Pflanze auszubilden. Geschieht dies, werden in dem Korn die unterschiedlichsten Stoffwechselprozesse gestartet. Diese liefern der Pflanze alle notwendigen Stoffe, welche Sie für ihr Wachstum benötigt. Während wir diesen Prozess bisher genutzt haben, um die Getreidekörner auf dem Acker auszusäen und daraus neue Pflanzen zu züchten, nutzen ihn mittlerweile immer mehr Menschen dazu, das gekeimte Getreide direkt in ihre Ernährung zu integrieren.
Der Keimprozess gliedert sich in drei unterschiedliche Phasen: In der ersten Phase werden die Körner für eine gewisse Zeit eingeweicht, so dass sich das Korn mit Flüssigkeit vollsaugen kann. In der zweiten Phase kommt es zur Aktivierung des Stoffwechsels und zur Mobilisierung aller benötigten Stoffe. Die dritte und letzte Phase beginnt mit dem Wachstum der neuen Pflanze und einer weiteren Mobilisierung von wichtigen Stoffen sowie einer erneuten Wasseraufnahme. Ohne weiteres Eingreifen würde es nun (in Substrat wie z.B. Erde) zum Wachstum einer neuen, voll ausgereiften Pflanze kommen. Bei der Verarbeitung oder dem direkten Verzehr von gekeimten Getreideprodukten wird dieser Prozess ab einem bestimmten Zeitpunkt jedoch unterbrochen, so dass die entstandenen Stoffe nicht zum Wachstum der Pflanze, sondern direkt vom Menschen genutzt werden können.
Der Keimprozess aktiviert den internen Stoffwechsel im Korn und führt zur Synthese von verschiedenen Enzymen und Stoffwechselprodukten, welche sich zum Teil positiv auf die Verdauung und den Nährstoffgehalt auswirken können.
Wenn man sich den Einfluss auf die Makronährstoffe anschaut, zeigen sich die größten Veränderungen bei den Kohlenhydraten. Es kommt während des Keimvorgang zur Synthese von Enzymen, wie der Alpha-Amylase, welche für den Stärkeabbau verantwortlich ist. Die Stärke wird dabei in Glucose, Maltose, Maltotriose und andere Dextrine abgebaut. Durch die damit bereits umgewandelte Stärke, die dünneren Zellwände sowie den höheren Gehalt direkt verfügbarer Zucker ist gekeimtes Getreide im Allgemeinen leichter verdaulich. Der Proteingehalt scheint weitestgehend unverändert. Es kann jedoch zu einer Hydrolyse (Spaltung) der vorhandenen Proteine kommen, wodurch der Gehalt an Peptiden und freien Aminosäuren ansteigt und sich die Proteinlöslichkeit und -verdaulichkeit verbessert. So konnte in Studien ein Anstieg des Levels an essentiellen Aminosäuren wie Isoleucin, Leucin, Lysin, Threonin, Valin und Phenylalanin nachgewiesen werden. Auch ein Anstieg der Lipaseaktivität, einem Enzym, welches am Fettstoffwechsel beteiligt ist, konnte nachgewiesen werden. Vorhandene Triglyceride werden hierbei zu freien Fettsäuren und Glycerol umgewandelt, welche im weiteren Verlauf der Pflanze als Energiequelle zur Verfügung stehen. Der Ballaststoffgehalt scheint durch den Keimprozess nicht oder kaum beeinflusst zu werden.
Wie wir bereits in den Artikeln zu Calcium und Eisen erfahren haben, weisen Getreideprodukte oft einen hohen Gehalt an Phytinsäure auf. Diese ist ein sogenannter Antinährstoff, welcher die Absorption von Mineralstoffen beeinflusst. Hier zeigt sich ein großer Vorteil des gekeimten Getreides. Im Normalfall bildet die Phytinsäure mit unterschiedlichen Mineralstoffen (Eisen, Zink, Calcium, Magnesium, Kupfer) Komplexe, sogenannte Phytate. Dem Menschen fehlen entsprechende Enzymsysteme, wodurch die Komplexe schwer absorbiert bzw. aufgespalten werden und die Nährstoffe somit nicht verwertet werden können. Während des Keimprozesses werden so genannte Phytasen (Enzyme) aktiviert. Diese bewirken eine Aufspaltung der Komplexe und dadurch eine Freisetzung der Mineralstoffe. Ein kontrollierter Keimvorgang mit optimalen Bedingungen für die enzymatische Reaktion der Phytasen sowie längere Keimzeiten scheinen ein guter Ansatz zu sein, um die Bioverfügbarkeit der Mineralstoffe zu erhöhen. Um einen zusätzlichen Verlust der Mineralstoffe zu verhindern, sollte auf moderate Temperaturen beim Einweichen (15-20°), sowie die Verwendung von Trieben und Wurzelwerk geachtet werden.
Vitamine sind für das Wachstum des Keimlings wichtig und ihr Gehalt steigt während des Keimvorgangs als Resultat der Biosynthese. Der Vitamingehalt kann jedoch zwischen den einzelnen Getreidearten und verschiedenen Keimprozessen variieren. So ist beim Einweichen auf eine möglichst geringe Wassermenge zu achten, damit weniger Vitamine ins das Wasser übergehen. Der Keimprozess kann zu einem Anstieg an Vitamin E, Niacin, Riboflavin, Pyridoxin, Thiamin, Folsäure und Vitamin C führen. Um eine maximale Ausbeute im Endprodukt zu erreichen, ist auf kurze Einweichzeiten und eine möglichst geringe Wassermenge, lange Keimzeiten sowie milde Trocknungstemperaturen zu achten. Auch hier sollten Wurzelwerk und Triebe mitverarbeitet werden.
Der Keimvorgang führt außerdem zu einer gesteigerten antioxidativen Aktivität, welche hauptsächlich auf einen Anstieg von Vitamin E und Polyphenolen zurückzuführen ist. Dabei scheinen sich diese Stoffe besonders in den frischen Trieben anzusammeln. Des Weiteren konnte in Studien unter bestimmten Bedingungen ein Anstieg der GABA-Konzentration in gekeimten braunen Reis festgestellt werden. GABA (Gamma-Amino-Buttersäure) ist eine nicht-proteionogene AS und fungiert als wichtiger Neurotransmitter in unserem Nervensystem.
Viele Artikel befassen sich eingehend mit den biochemischen Veränderungen, die der Keimvorgang hervorruft und leiten davon gesundheitliche Wirkungen ab. Es gibt jedoch bisher wenig Studien, welche die direkte Wirkung auf gesundheitliche Biomarker und die zu Grunde liegenden Prozesse untersuchten. Des Weiteren mangelt es derzeit noch an Studien mit Menschen, um bestimmte Vermutungen aus Tiermodellen zu belegen. Die gesundheitlichen Vorteile klingen jedoch sehr vielversprechend und es bleibt spannend, was uns dieser neuartige Zweig in Zukunft bringen wird.
So konnte in Studien ein potentieller positiver Effekt von gekeimtem braunem Reis auf den Blutcholesterinwert und Bluthochdruck und somit dem Risiko kardiovaskulärer Erkrankungen nachgewiesen werden. Des Weiteren fanden sich zum Teil positive Effekte auf den Blutglukosestoffwechsel und durch die Reduktion von Phytaten im Produkt kann der Keimprozess möglicherweise zu einer besseren Bioverfügbarkeit von Mineralstoffen beitragen. Diese Effekte müssen teilweise jedoch noch in weiteren kontrollierten Studien untersucht werden, um den tatsächlichen Einfluss des Keimprozesses zu bestätigen, da die Unterschiede eventuell auch auf die Verwendung der Vollkornvariante zurückzuführen sind.
Ein weiteres spannendes Forschungsfeld ist der Einfluss der Getreidekeimung auf den Glutengehalt. Durch den Keimprozess kommt es zum Abbau von Proteinen, welche in manchen Menschen immunologische Reaktionen hervorrufen können (Bsp. Zöliakieerkrankung, Glutenunverträglichkeit). In der Theorie könnte durch das Keimen von Getreide eine bessere Verdaulichkeit und verminderte Immunantwort hervorgerufen werden, wenn es technologisch möglich wäre, genau diese Proteine abzubauen. Hier besteht jedoch noch weiterer Forschungsbedarf, um die optimalen Bedingungen dafür herauszufinden.
Wie ihr seht, ist das das Thema rund um das Keimen von Getreide wahnsinnig spannend und die Verwendung solcher Produkte könnte nicht nur zu einer besseren Verdaulichkeit, sondern auch zu einem erhöhten Nährstoffgehalt von Lebensmitteln beitragen. Da wir euch so ein Superfood nicht vorenthalten wollen, haben wir uns mit AHO Bio zusammengetan und einige ihrer Produkte in unser Portfolio aufgenommen. AHO ist Experte auf diesem Gebiet und passt nicht nur dank ihrer Produkte perfekt zu uns, sondern auch durch ihre Philosophie und Mission.
Quellen
1. Benincasa, Paolo; Falcinelli, Beatrice; Lutts, Stanley; Stagnari, Fabio; Galieni, Angelica (2019): Sprouted Grains: A Comprehensive Review. In: Nutrients 11 (2). DOI: 10.3390/nu11020421.
2. Lemmens, Elien; Moroni, Alice V.; Pagand, Jennifer; Heirbaut, Pieter; Ritala, Anneli; Karlen, Yann et al. (2019): Impact of Cereal Seed Sprouting on Its Nutritional and Technological Properties: A Critical Review. In: Comprehensive Reviews in Food Science and Food Safety 18 (1), S. 305–328. DOI: 10.1111/1541-4337.12414.
3. Miyahira, Roberta Fontanive; Lopes, Jean de Oliveira; Antunes, Adriane Elisabete Costa (2021): The Use of Sprouts to Improve the Nutritional Value of Food Products: A Brief Review. In: Plant foods for human nutrition (Dordrecht, Netherlands) 76 (2), S. 143–152. DOI: 10.1007/s11130-021-00888-6.
Nur für kurze Zeit: Wir machen dir das Ausprobieren leicht! Mit 21€ Rabatt auf die 1. Bestellung und 5€, 4€, 3€ Rabatt bei den darauffolgenden Bestellungen. Nutze den Code: